Mindestlohn und arbeitsrechtliche Verfallsfristen

Zum Thema Mindestlohn – für den kann (kraft Gesetz) ja keine arbeitsvertragliche Verfallsfrist vereinbart werden darf. Wird nun für andere Ansprüche ein Verfall geregelt (z.B.: „Verjährung nach 3 Monaten“) und das dann nicht bzgl. von Ansprüche bzgl. Milog weiter eingeschränkt (also sozusagen …wird eine globalgalaktischer Verfall kodifiziert), dann kann das zur Unwirksamkeit der gesamten Verfalls-Klausel führen  BAG 18.09.2018 AZ: 9 AZR 162/18. Das ist nicht wirklich überraschend, sondern nur AGB-Grundsätze in Arbeitsverträgen konsequent zu Ende subsumiert. 
BTW…dazu passend, die Antwort warum Millionen Niedriglöhner nächstes Jahr mit dem Taxi statt mit dem Bus zur Arbeit fahren gibt’s hinter Link zur der Meldung des Arbeitsministeriums

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichtes zum Urtil vom 18.09.2018, Az. 9 AZR 162/18

Keine Anpassung beim Werbungskostenpauschbetrag

Und weil die Laune grad sowieso im Keller ist: In einer anderen Anfrage wurde die Bundesregierung gefragt, ob es nicht mal wieder an der Zeit wäre, die Pauschbeträge (Werbungskostenpauschbetrag, Sonderausgabenpauschbetrag etc.) anzuheben oder noch besser, diese gleich mittels Indexierung automatisch anpassen zu lassen. Nein, meint die Bundesregierung, denn dann *#hüstel#* würde das Parlament seine Budgethoheit  verlieren (ach guck…bei der automatischen Diätenerhöhung im Gleichschritt mit den Nominallöhnen war ihnen das noch nicht aufgefallen – muss also ne neue Erkenntnis sein). Weiter heißt es in der Antwort…(und jetzt wird das Eis papierdünn)… geht nicht weil, würde ja zu einer „Verstärkung oder gar Förderung von Inflationstendenzen führen“. Genau…die EZB pumpt Billionen in den Markt ohne das es zur gewollten Inflation kommt, aber wenn der Werbungskostenpauschbetrag von 1000 EUR auf 1050 EUR werden in diesem Land gleich alle unvernünftig und hauen ihr Erspartes auf den Kopf wie wenns kein Morgen gibt…..

⇨ Drucksache 19/5034 des Deutschen Bundestages

Ungleiche steuerliche Behandlung verschiedener Verkehrsmittel

Die Bundesregierung hat sich in einer Anfrage zur „ungleichen steuerlichen Behandlung verschiedener Verkehrsmittel“ u.a. nochmal zur  Behandlung der BahnCard 100 geäußert.

Von einer Überlassung der BC100 im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse (=kein steuerbarer Arbeitslohn) kann ausgegangen werden, wenn nach einer Prognose (zum Zeitpunkt der Hingabe der BC) die ersparten Kosten für Einzelfahrscheine iRd. Auswärtstätigkeit (ohne Nutzung der BC)  die Kosten der BC100 erreichen oder übersteigen (prognostizierte Vollamortisation). Die private Mitbenutzung oder die Nutzung für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist dann unbeachtlich. 

Kommt man in der Prognose nur zur Teilamortisation, ist das zunächst in voller Höhe steuerpflichtiger Arbeitslohn. Die während der Gültigkeitsdauer der BC100 durch deren Nutzung für dienstliche Fahrten ersparten Fahrtkosten können dann monatsweise oder auch am Ende des Gültigkeitszeitraums als Korrekturbetrag den steuerpflichtigen Arbeitslohn mindern. Für die Höhe des Korrekturbetrags können aus Vereinfachungsgründen (anstelle quotaler Aufteilung – dienstliche Zwecken vs. Gesamtnutzung) – auch die ersparten Kosten für Einzelfahrscheine für die Auswärtstätigkeit (ohne BC) zugrunde gelegt werden.

Durchaus spannend auch die anderen Fragen (beim Lesen der Antworten der Bundesregierung Popcorn bereit halten) …kleine Auswahl:

  • Frage: Anzahl der Dienstwagen in Dtl.?  Antwort: ca. 5 Mio / davon ca. 1,7 Mio Benziner / 3,2 Mio. Diesel / ca. 0,1 Mio Elktro/(PlugIn)Hybrid und ca. 32.000 Sonstige (Sonstige??? Fred-Feuerstein-Antrieb?).
  • Frage: Warum kann man die BahnCard nicht auch nach der 1%-Methode versteuern? … Antwort: Das …äh….*#blätterraschel#* …kann man doch überhaupt nicht vergleichen!!!
  • Frage: Bringt die Halbierung 1%-Versteuerung für PlugInHybride wirklich etwas für das Klima, oder switchen die Leute nicht bloß vom 1,5 Tonnen Diesel-SUV auf den 2,5 Tonnen Diesel-Hybrid-SUV um Steuern zu sparen? … die Antwort war so platt, da kam mir das Popcorn wieder hoch, allerdings hat man hierauf sogar tatsächlich im Jahressteuergesetz nochmal schnell nachgebessert – der Plugin-Dienstwagen muss jetzt mindestens 50 KM elektrisch kommen, damit er nur mit 0,5% versteuert wird

Drucksache 19/4798 des Deutschen Bundestages

gemeinsame doppelte Haushaltsführung von Eheleuten

Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung ist eine Wohnung am Lebensmittelpunkt und zusätzlich eine berufliche Zweitwohnung am Arbeitsort. Wenn Ehegatten aber beide (über Jahre) am Arbeitsort (zusammen) wohnen kann grds. keine doppelte Haushaltsführung mehr vorliegen, da die Wohnung am Beschäftigungsort hier regelmäßig zum Lebensmittelpunkt wird. In einem konkreten Einzelfall sah das FG Münster das anders, weil der Rest der Familie, die Vereinsmitgliedschaft und Zahnarztbesuche am Erstwohnsitz erfolgten und dieser dadurch weiterhin den Lebensmittelpunkt ausmachte (Eheleute waren offensichtlich im Vorfeld durch den Steuerberater gut gebrieft und mich wundert fast, dass er nicht noch mit der Tochter des Bürgermeisters eine Affäre angefangen hat, um den Sachverhalt vollends rund zu machen).

Finanzgericht Münster vom 26.09.2018, Az. 7 K 3215/16 E

Nettolohnvereinbarungen

Die OFD NRW hat mal gesammelt, was ihnen so alles im Zusammenhang mit Nettolohnvereinbarungen einfällt (ziemlich viel offenbar) und hat das in einer OFD-Vfg. zusammengefasst (Link leider nur hinter der Paywall). 

Nochmal der Hinweis: Wenn nix vereinbart ist, gilt immer Bruttoversteuerung. Steuerübernahme muss explizit vereinbart werden (durch den AG gewollt sein). Etwas Anderes gilt teilweise bei Schwarzarbeitsbeschäftigungen.

schneller Lumpensammler

Passend zum kürzlich beschlossenen Baukindergeld: Die BR plant im Gesetzentwurf BT-Drucks. 19/4723 die Erhöhung des Kindergeldes ab 1.7.2019 um 10 EUR. 

Außerdem erfolgt die Erhöhung des Grundfreibetrags auf 9168 EUR und die Eckwerte für die kalte Progression werden insoweit angepasst. 
Wer jetzt meint „10 EUR mehr, da ist ja nix“ – das sind 2 EUR mehr, als die 8 EUR, um den die BR die Regelsätze für Hartz4-Empfänger erhöht.

Richtig spendabel wird die BR aber bei den Rentnern, da werden es durchschnittlich ca. 30 EUR mehr. 

Außerdem plant die BR im sog. „Qualifizierungschancengesetz“ die Absenkung des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung von 3% auf 2,5% zum 1.1.2019. Wer sich fragt, warum sich zwar die Arbeitslosenzahlen, nicht aber der Beitragssatz halbieren….man will mehr Geld für Weiterbildungsförderung ausgeben („das 7te Bewerbungscoaching wird Sie jetzt aber ganz bestimmt in Lohn und Brot bringen“) und man erweitert den Kreis der Anspruchsberechtigten (12 Versicherungsmonate innerhalb von 30 Monaten / vormals 24 Monaten). Außerdem soll die befristet geltenden höheren Zeitgrenzen für eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung von drei Monaten oder 70 Arbeitstagen dauerhaft beibehalten werden.

Wer jetzt ganz allgemein stutzig wird und sich fragt, wo die BR einem nun das Geld (unser Geld! – was sie verteilt) einem auch wieder aus der Tasche zieht, der kann z.B. hier einen Blick auf die neuen Beitragsbemessungsgrenzen werfen.

PKW-Maut

Betrifft jetzt nicht so sehr die Lohnsteuer, aber vielleicht ja von allg. Interesse – ein obiter dictum sozusagen: Die FDP hatte mal nachgefragt, was eigentlich aus der  PKW-Mautgeworden ist, die sollte doch schließlich schon 2015 kommen. Die Bundesregierung hat daher in der BT-Drucks. 19/4210 sinngemäß wie folgt geantwortet:

1. das Ding heißt jetzt Infrastrukturabgabe und nicht mehr Ausländerma…äh….PKW-Maut und für die Instandsetzung der Infrastruktur zahlt ja wohl gerne eine kleine Abgabe!!!

2. ist das Ding komplett EU-rechtskonform (wenn wir die anhängigen Klagen von Österreich und den Niederlanden vor dem EUGH mal ausblenden).

Und 3. kommen wird es auf jeden Fall, noch in dieser Legislaturperiode …spätestens aber mit der Fertigstellung des Berliner Flughafens. Die FDP hat auch nochmal nachgefragt, was der ganze Spaß bringen soll (außer Monopoleinnahmen für die Betreibergesellschaft) ….BReg.: „ja ähh….#*blätter-raschel#* so 500 Mio. sollten da schon hängen bleiben“ …guck an…also minimal mehr als bei Bismarcks Schaumweinsteuer.

Drucksache 19/4210 des Deutschen Bundestages

Unfall auf Oktoberfest

Urteile zu BG und Arbeitsunfällen finde ich faszinierend. Nachdem wir kürzlich lernen durften, dass nicht zwingend ein Arbeitsunfall beim Gang zur Toilette vorliegt kommt nun das SG Berlin zum Unfall auf Oktoberfest: Das Sozialgericht Berlin hat das Vorliegen eines Arbeitsunfalls für einen Monteur abgelehnt, der von seinem Unternehmen bei einer Münchener Brauerei eingesetzt war, die während des Oktoberfestes einen „Brauereinachmittag“ für alle in der Brauerei Tätigen durchgeführt hat. Auf dem Heimweg verletzte sich der Monteur durch einen Unfall schwer. Es fehle an einem betrieblichen Zusammenhang für die Annahme eines Arbeitsunfalls, so die Begründung des Gerichtes. Die Veranstaltung sei nicht durch die Firma des Monteurs, sondern durch die Brauerei, einer Kundin der Firma, durchgeführt worden. Wer sich jetzt für den Sachverhalt interessiert: „Auf dem Heimweg gegen 22 Uhr prallte er in alkoholisiertem Zustand gegen einen Strommast und brach sich dabei einen Halswirbel.“  *#autsch… 

Artikel auf LTO.de mit Urteilsbesprechung zu SG Berlin vom 01.10.2018, Az. S 115 U 309/17

vollständige paritätische Finanzierung der GKV

Wieder die Kategorie „daswar früher mal so, haben wir dann abgeschafft, jetzt führen wir das wieder ein, warum hatten wir es nochmal abgeschafft?“  …

*#trommelwirbel#*: Der BT berät in BT-Drucks. 19/4454 über die „vollständige paritätische Finanzierung der GKV“. Zur Erinnerung für die Jüngeren: Das wurde durch die schwarz-gelbe Bundesregierung 2010 abgeschafft – der Historiker nennt dieses Zeitalter „Merkel-II“ (derzeit befinden wir uns ja in „Merkel-IV“), Kabarettisten sprechen wohl rückblickend vom „goldenen Zeitalter“ (wg. Brüderle, Rösler, Pofalla, KTzG und mein favourite Dirk Niebel…hauptberuflicher Teppich-Importeur, der sich im dt. Zollrecht nicht so auskennt). 

In dem Beratungsentwurf soll auch ein gesetzlicher Deckel für KV-Rücklagen kommen, so dass die Krankenkassen dann letztlich verpflichtet wären, die Beiträge zu senken, anstelle hohe Rücklagen bei Negativzinsen zu horten. Tja…wenn man immer von der schwäbischen Hausfrau erzählt, muss man sich nicht wundern, dass selbst die Krankenkassen so agieren (habe zu meiner Zeit in Stuttgart leider keine schwäbische Hausfrau mit 20 Mrd. auf der hohen Kante kennengelernt). Die GKV hat den Zwangsabbau auch direkt kritisiert und ich vermute ja, von dem Geld sehen wir nix – das leitet Jens Spahn direkt in die Pflegeversicherung um.

Drucksache 19/4454 des Deutschen Bundestages

Arbeitszimmervermietung an den Arbeitgeber

Es gibt Gestaltungen, wo der AG vom AN das Arbeitszimmer oder die Garage anmietet. Der AN bekommt so einen Teil seiner Einkünfte nicht mehr als Arbeitslohn, sondern als Vermietungseinkünfte (§21) und zieht dabei natürlich private Sowieso-Kosten auf einmal als Werbungskosten von der Steuer ab. Regelmäßig bleibt unter Strich ein Vermietungs-Verlust übrig, den der AN mit seinen anderen Einkünften (z.B. Arbeitslohn) verrechnen kann. Diese Gestaltung hat der BFH am 17.4.2018 – IX R 9/17 erheblich schwieriger gemacht. Damit das funktioniert, muss der Mitarbeiter künftig dem Finanzamt eine Prognoserechnung vorlegen, woraus hervorgeht, dass er damit insgesamt einen (zumindest kleinen) Total-Gewinn über die Jahre macht. 

Die Vorinstanz ist übrigens lesenswert: Der AN wollte seine private Badrenovierung iHv. ca. 26.000 EUR in den Werbungskosten für die Arbeitszimmervermietung drin haben. Da war dann natürlich beim Finanzamt Schluss mit lustig und der Jagdinstinkt geweckt – vor dem Finanzgericht bekam der AN sogar noch teilweise Recht. Zitat: „Ein angemessener, zu berücksichtigender Betrag für die Anschaffung eines WC nebst Waschbecken, sowie Handtuchhalter und Seifenspender wären 1.350 €.“ (das Urteil hätte ich damals bei der Preisverhandlungen mit der Sanitärfirma griffbereit haben sollen). Für den BFH hatte der AN den Bogen aber offenbar überspannt und er bekam am Ende garnichts, da bei dieser Vermietung niemals ein Totalgewinnüberschuss rausgekommen wäre. Zum Arbeitszimmer (für Interessierte) anbei auch ein Fach-Artikel.

BFH-Urteil vom 17.04.2018, Az. IX R 9/17
Vorinstanz, FG Köln vom 3. August 2016  5 K 2515/14

Update 18.03.2019:
siehe hierzu auch folgende Artikel auf dem Buhl Data Steuerblog.