Wieder die Kategorie „daswar früher mal so, haben wir dann abgeschafft, jetzt führen wir das wieder ein, warum hatten wir es nochmal abgeschafft?“ …
*#trommelwirbel#*: Der BT berät in BT-Drucks. 19/4454 über die „vollständige paritätische Finanzierung der GKV“. Zur Erinnerung für die Jüngeren: Das wurde durch die schwarz-gelbe Bundesregierung 2010 abgeschafft – der Historiker nennt dieses Zeitalter „Merkel-II“ (derzeit befinden wir uns ja in „Merkel-IV“), Kabarettisten sprechen wohl rückblickend vom „goldenen Zeitalter“ (wg. Brüderle, Rösler, Pofalla, KTzG und mein favourite Dirk Niebel…hauptberuflicher Teppich-Importeur, der sich im dt. Zollrecht nicht so auskennt).
In dem Beratungsentwurf soll auch ein gesetzlicher Deckel für KV-Rücklagen kommen, so dass die Krankenkassen dann letztlich verpflichtet wären, die Beiträge zu senken, anstelle hohe Rücklagen bei Negativzinsen zu horten. Tja…wenn man immer von der schwäbischen Hausfrau erzählt, muss man sich nicht wundern, dass selbst die Krankenkassen so agieren (habe zu meiner Zeit in Stuttgart leider keine schwäbische Hausfrau mit 20 Mrd. auf der hohen Kante kennengelernt). Die GKV hat den Zwangsabbau auch direkt kritisiert und ich vermute ja, von dem Geld sehen wir nix – das leitet Jens Spahn direkt in die Pflegeversicherung um.
Arbeitszimmervermietung an den Arbeitgeber
Es gibt Gestaltungen, wo der AG vom AN das Arbeitszimmer oder die Garage anmietet. Der AN bekommt so einen Teil seiner Einkünfte nicht mehr als Arbeitslohn, sondern als Vermietungseinkünfte (§21) und zieht dabei natürlich private Sowieso-Kosten auf einmal als Werbungskosten von der Steuer ab. Regelmäßig bleibt unter Strich ein Vermietungs-Verlust übrig, den der AN mit seinen anderen Einkünften (z.B. Arbeitslohn) verrechnen kann. Diese Gestaltung hat der BFH am 17.4.2018 – IX R 9/17 erheblich schwieriger gemacht. Damit das funktioniert, muss der Mitarbeiter künftig dem Finanzamt eine Prognoserechnung vorlegen, woraus hervorgeht, dass er damit insgesamt einen (zumindest kleinen) Total-Gewinn über die Jahre macht.
Die Vorinstanz ist übrigens lesenswert: Der AN wollte seine private Badrenovierung iHv. ca. 26.000 EUR in den Werbungskosten für die Arbeitszimmervermietung drin haben. Da war dann natürlich beim Finanzamt Schluss mit lustig und der Jagdinstinkt geweckt – vor dem Finanzgericht bekam der AN sogar noch teilweise Recht. Zitat: „Ein angemessener, zu berücksichtigender Betrag für die Anschaffung eines WC nebst Waschbecken, sowie Handtuchhalter und Seifenspender wären 1.350 €.“ (das Urteil hätte ich damals bei der Preisverhandlungen mit der Sanitärfirma griffbereit haben sollen). Für den BFH hatte der AN den Bogen aber offenbar überspannt und er bekam am Ende garnichts, da bei dieser Vermietung niemals ein Totalgewinnüberschuss rausgekommen wäre. Zum Arbeitszimmer (für Interessierte) anbei auch ein Fach-Artikel.
⇨ BFH-Urteil vom 17.04.2018, Az. IX R 9/17
⇨ Vorinstanz, FG Köln vom 3. August 2016 5 K 2515/14
Update 18.03.2019:
siehe hierzu auch folgende Artikel auf dem Buhl Data Steuerblog.
Unterkunftsgestellung in der Bundeswehr-Kaserne
Wer sich immer schon gefragt hat, warum der Sachbezugswert für kostenlose Unterkunft nicht mit der Miet-Entwicklung in Dtl. Schritt gehalten hat, der findet beim FG Saarland vom 31.1.2018 (2 K 1198/15 à Rev. anhängig beim BFH unter VI R 5/18) einen Hinweis. Die Unterkunftsgestellung in der Bundeswehr-Kaserne ist geldwerter Vorteil und mithin Kostenfaktor für die Bundeswehr. Die unerwartet pfiffige Überlegung der Bundeswehr, dass man durch die kostenlose Unterkunft in der Kaserne sofort einsatzbereit ist, wenn plötzlich Krieg ausbricht, reicht nach Auffassung des FG nicht aus, damit die Gestellung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers (Bundeswehr) erfolgt. Vielmehr hat lt. FG auch der Mitarbeiter (Soldat!!) ein nicht unerhebliches Interesse an einem Dach über dem Kopf. Die Richter hatten offenbar Zivildienst gemacht und keinen Panzergrenardier kennen gelernt (wie hieß das damals gleich…..“kein Mensch, kein Tier, ein Panzergrenardier“). Für die Versteuerung der Unterkunft war es im Urteil auch nicht erheblich, dass der Soldat überhaupt nicht in der Kaserne übernachtet hat, sondern arbeitstäglich zu seinem privaten Wohnsitz zurückgekehrt ist (lt. Bundeswehr-Dienstordnung sog. Heimsch..läfer). Nach Phantomlohn bei der SV, kommt das jetzt also auch bei der Steuer – die Versteuerung einer (bloßen) Nutzungsmöglichkeit beim Firmen-PKW hatte der BFH ja seinerzeit mit der Möglichkeit des Werbungskostenabzugs begründet. Ich bin gespannt, ob und wie er hier den (fehlenden) Zufluss herbei argumentiert.
⇨ BFH, Anhängiges Verfahren, Az. VI R 5/18
⇨ Vorinstanzurteil bei NWB (Paywall)
1% Methode und der „historische Listenpreis“
Falls sich jemand gerade fragt, ob Oldtimer eine gute Geldanlage sind: Der BFH hat am 15.05.2018 in X R 28/15 nochmal klargestellt, dass bei der Versteuerung nach der 1% Methode der „historische Listenpreis“ maßgeblich ist. Falls also jemand einen Mercedes 190 SL (sog. Nitribitt-Benz…Farbe egal…damaliger BLP 20.000 DM = gwV heute also ca. 100 EUR p.M.) günstig abzugeben hat, bitte bei mir melden. Der BFH sagt weiter, dass die 1%-Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, da das alternative Führen eines Fahrtenbuchs mit vertretbarem Aufwand erreicht werden, kann.
Apropos Geldanlage: wer da etwas progressiver unterwegs war und deshalb noch wertlose Leichen in seinem Depot hat (rückblickend hatte die „banco espirito santo“ dann wohl doch nicht so viel göttlichen Segen, dafür ich jetzt ein umso größeres Loch im Depot), für den hat der BFH das Az. VIII R 9/17 (noch nicht entschieden, nur anhängig) und die Hoffnung, dass die Verluste bei der Steuer geltend machen zu können (#*grübel grübel…zahle ich also erst 2024 wieder Steuern, wenn das durchkommt#*).
Europaweite private Altersvorsorgeprodukte (PEPP)
Und noch einer aus der Kategorie mit den Abkürzungen: Die EU (genauer das EP mittels EU-Verordnungsvorschlag) prüft die Einführung eines europaweiten privaten Altersvorsorgeproduktes (PEPP). Also….Altersversorgung mit PEPP klinkt für mich zumindest vom Namen her spannender als z.B. „Wohnriester“. PEPP steht für Pan-European-Pension-Produkt. „Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, nach Einführung des PEPP die steuerliche Förderung, die sie nationalen privaten Altersvorsorgeprodukten zukommen lassen, auch dem PEPP einzuräumen, sodass ein künftiges PEPP selbst dann in den Genuss der bestehenden nationalen steuerlichen Anreize für private Altersvorsorgeprodukte kommen kann, wenn es nicht alle nationalen Voraussetzungen für die steuerliche Förderung erfüllt.“ Anreize derzeit sind ja der Sonderausgabenabzug und die Zulagen. Bleibt also zu hoffen, dass sich das positiv auf die Kosten und mithin auf die Rendite der Produkte auswirkt.
ELFE / „Einfach Leistungen für Eltern“
Mit dem ELFE-Bundesrats-Antrag sollen Eltern entlastet werden. ELFE steht für „Einfach Leistungen für Eltern“. Vermutlich geht 90% Gesetzgebungs-Zeit mittlerweile für die Findung von lustigen Abkürzungen drauf (würde jedenfalls einiges erklären). Die ELFE, die ELSTER, das ZUGFeRD … (wenn der Zoo voll ist, erleben wir vielleicht noch Disneys Verfilmung von „Das dt. Steuerrecht!“) … jedenfalls haben die Bundesländer die Möglichkeiten der Digitalisierung erkannt. Eltern soll künftig die Geburtsurkunde automatisch zugeschickt und das Kindergeld überwiesen werden. Alles ohne Behördengänge und Raussuchen von Unterlagen. Fast alle Informationen sind bei verschiedenen Stellen in der Verwaltung (Standesamt, Finanzamt, Elterngeldstelle etc.) sowieso vorhanden. Aufgrund der aktuellen Gesetzeslage darf aber derzeit kein Datenaustausch zwischen den Behörden erfolgen. Mit Erlaubnis der Eltern sollen diese Infos künftig behördenübergreifend ausgetauscht werden dürfen (opt in). Jedenfalls ist die Bundesregierung aufgefordert aus dem Antrag einen Gesetzesvorschlag zu machen, der dann durch die Regierung, Bundestag (1. Lesung, 2. Lesung, 3. Lesung) und Bundesrat beschlossen werden kann.
Rabattfreibetrag im Vertriebsfall
In einem sehr merkwürdigen Urteil hat sich der BFH v. 26.04.2018 – VI R 39/16 dazu geäußert, wann der Rabattfreibetrag (1080 EUR / §8 Abs. 3 EStG) gewährt werden kann. Leider wurde der Sachverhalt „aus Gründen des Steuergeheimnisses“ nicht veröffentlicht (hab ich in 15 Jahren noch nie erlebt), weswegen man nicht viel damit anfangen kann. In §8 III heißt es ja: „Waren…die der Arbeitgeber herstellt ODER VERTREIBT“. Hier ging es um dieses Vertriebsbegriff. Klingt so als ginge es um Apple Stores (o.ä / reine Spekulation / hier verwendet, zur Veranschaulichung) – die hier wohl selbständige Rechtsformen waren, die jeweils eigenes Personal beschäftigen. Wenn man dort was einkauft, kommt der Vertrag dann z.B. zwischen dem Kunden und Apple Irland o.ä. zustande (und nicht zwischen der Store-KG und dem Kunde). Der Store verkauft also garnichts an Endkunden. Im konkreten Fall sollte diese Vertriebs-Form für den Rabattfreibetrag der Store-Mitarbeiter aber ausreichen. Die kostenlosen Handys (die unter die 1080 EUR-Freibetrag lupften) gab`s übrigens direkt von Apple (der BFH hat bekanntermaßen ein gestörtes Verhältnis zu Drittlohnbegriff der Finanzverwaltung) und lesenswert ist mithin nur, wie der BFH sich hier am Drittlohn vorbei laviert (beim Lesen Popcorn bereit halten).
Sachlohn / 44 EUR-Grenze / Vorsorgeversicherungen
In zwei BFH-Urteilen ging es um die Frage, wann Versicherungsleistungen (z.B. Zahnzusatzversicherung) in die 44-EUR-Grenze eingehen, also letztlich um die Abgrenzung zwischen dem Barlohnbegriff und dem Sachlohnbegriff.
In dem einem Fall hat der AG Gruppenverträge mit der Versicherung geschlossen und auf deren Basis die Beiträge direkt an die Versicherung gezahlt. Hiermit hatte er Sachlohn verschafft, der gegen die 44-EUR-Grenze lief.
In dem anderen Fall lief es nicht so clever, sondern die Mitarbeiter selbst hatten mit der Versicherung kontrahiert und der Arbeitgeber hatte dafür Zuschüsse über den Lohn ausgezahlt und die Verwendung vorgegeben. Das war (wenig überraschend) Barlohn und fiel nicht unter die 44-EUR-Grenze.
Kosten pro Person bei Weihnachtsfeiern
Bzgl. der Ermittlung der Kosten pro Person bei Weihnachtsfeiern gibt es endlich ein beim BFH anhängiges Verfahren (wir erinnern uns: Wenn alle anderen Mitarbeiter im Schneesturm stecken bleiben und Sie der Einzige sind der es zur Weihnachtsfeier schafft, dann will die Finanzverwaltung ja Ihnen die „Bereicherung“ komplett zurechnen. Also Merke: immer ausreichend Tupperdosen mitnehmen!!!) –
BFH-Az. VI R 31/18 (Vorinstanz:FG Köln, Urteil v. 27.06.2018 – 3 K 870/17).
Ebenfalls – aber nur beim FG – anhängig ist die Frage, ob Mitarbeiter bei solchen Veranstaltungen durch die Nutzung einer Eventagentur bereichert werden.
Schadenersatz durch den Arbeitgeber
Eines meiner Lieblingsthemen: Schadensersatz des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer (oder umgekehrt). Hierzu hat der BFH v. 24.04.2018 – VI R 34/16 geurteilt. Sachverhalt ging ungefähr wie folgt: Wenn dem Mitarbeiter durch eine falsche Lohnabrechnung o.ä. ein Steuerschaden entsteht (er also iRd. Einkommensteuererklärung vermeidbar mehr zahlen muss) und der Arbeitgeber erstattet diesen konkreten Schaden, dann ist das KEIN Arbeitslohn. Läuft so ähnlich wie beim Urlaubsstorno – schwierig ist natürlich die Berechnung des eigentlichen Steuerschadens unter Gegenrechnung von steuerlichen Vorteilen.