Will man bei Erhalt einer Abfindung Steuern sparen und daher die Anwendung der Fünftelungsregelung sicherstellen, dann muss auf drei einfache Punkte achten:
- die Abfindung in der Lohnabrechnung/Gehaltsabrechnung
- die Abfindung im Steuererklärungsformular
- die Abfindung im Steuerbescheid
Details dazu finden sich im nachfolgenden Beitrag. Der elektronische Datenabruf (die sogenannte „vorausgefüllte Steuererklärung“) vereinfacht die Sache dabei ganz erheblich.
Fünftelungsregelung für Abfindungen im Rahmen des Lohnsteuerabzugs
In 95% der Fälle gibt es mit dem Arbeitgeber oder mit dem Finanzamt überhaupt keine Diskussion über die Anwendung der Fünftelungsregelung (§34 EStG). Die drei notwendigen Tatbestandsmerkmale sind in der Regel erkennbar erfüllt. Diese sind:
- Es handelt sich um eine Entschädigung (für den Verlust von Einnahmen / Verlust des Arbeitsplatzes) und
- Die Entschädigung wird in der Regel nicht in Raten, sondern in einer Summe ausgezahlt (die unschädlichen Ausnahmen in Form der 10%-Grenze und bei Fürsorgeleistungen sollen hier außen vor gelassen werden) +
- Es bedarf einer Außerordentlichkeit bezüglich der Höhe der Entschädigung. Diese liegt vor, wenn
- entweder die Abfindung einen (normalen) Vorjahreslohn übersteigt oder
- direkt eine neue Beschäftigung aufgenommen wird und der neue Lohn (oder Lohnersatzleistungen) zusammen mit der Abfindung einen (normalen) Vorjahreslohn übersteigt.
Das ist etwas vereinfacht dargestellt, trifft aber die meisten Fälle zu. Wenn es mal knapp wird oder ein Sondersachverhalt vorliegt, sollte man sich möglichst vorab steuerlichen Rat holen. Auch die 10%-Grenze ist nicht trivial, weil die 10% nicht „on top“, sondern aus der Abfindung auszurechnen sind. Details dazu und kritische Grenzfälle kann man nachlesen im BMF-Schreiben vom 04.03.2016, welches ich in meiner Abfindungs-Mindmap hinterlegt habe.
Liegen die Voraussetzungen vor, dann wird der Arbeitgeber die Fünftelungsregelung also automatisch beim Lohnsteuerabzug anwenden. Dazu ist er verpflichtet (§39b EStG) – keine rolle spielt, was in der Aufhebungsvereinbarung dazu gesagt wird. Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, dann darf der Arbeitgeber auch nicht Fünfteln, wenn dies vereinbart wurde. Dass er gefünftelt hat ist erkennbar daran, dass die Abfindung in in der Folge in Zeile 10 der Lohnsteuerbescheinigung auftaucht und nicht in Zeile 3 beim Bruttoarbeitslohn (vgl. nachfolgenden Screenshot).
Hier sollte man also nach Austritt bzw. nach Auszahlung der Abfindung (nach Erhalt der Jahreslohnsteuerbescheinigung) einmal einen kritischen Blick drauf werfen. Verzögert sich die Jahreslohnsteuerbescheinigung, dann kann man meistens auch auf der monatlichen Gehaltsabrechnung im Austrittsmonat erkennen, dass gefünftelt wurde. Erkennbar ist dies dort meist an der Beschreibung der Lohnart (dem Text links neben der Abfindungssumme) – dort ergibt sich meist ein Hinweis auf „fünftel“ oder „§34“.
Wenn der Arbeitgeber nicht gefünftelt hat, obwohl zu Fünfteln gewesen wäre, dann ruft man am besten beim Entgeltabrechner an (schreibt eine Mail) und lässt sich erklären, warum er nicht gefünftelt hat. Die Fünftelungsregelung „IST“ anzuwenden (wenn die Voraussetzungen vorliegen) – der Arbeitgeber hat hier kein Ermessen. Bleibt der Arbeitgeber hier stur, dann kann man darüber nachdenken, ob ein Steuerberater oder ein Arbeitsrechtler helfen kann. Meistens ist es Unwissenheit und es hilft hier, wenn man dem Gehaltsabrechner das Thema nochmal darlegt.
Die einbehaltene Lohnsteuer kann aber teilweise erheblich von der später in der Einkommensteuererklärung festgesetzten Einkommensteuer abweichen. Durch den Effekt der Fünftelung kann es zu extremen Steuernachforderungen kommen. Hierzu zwei Beispiele:
Beispiel 1: Die Abfindung wird mit Steuerklasse 6 abgerechnet.
Lösung zu Beispiel 1: Die Lohnsteuer wird meist zu niedrig sein – es wird zu Nachforderungen kommen. In der Steuerklasse 6 ist eine Progressionskurve eingebaut, d.h. die Steuern für den 1ten Abfindungs-Euro beginnen bei 15% und erst später fallen die 42% Spitzensteuersatz an. Liegt dann also weiteres Einkommen vor (neuer Job oder ALG o.ä.), durch das man schon beim Spitzensteuersatz war, dann muss man diese Progressionskurve („fünffach“) nachholen. D.h. man muss Teile der Abfindung für die spätere Steuererklärung zur Seite legen.
Beispiel 2: Steuerklasse 3 wird bei der Abrechnung der Abfindung angewendet.
Lösung zu Beispiel 2: Die Steuerklasse 3 führt (für sich genommen) nur dann nicht zu Einkommensteuernachzahlungen, wenn der Ehegatte mit der 5 keiner Beschäftigung nachgeht. Ansonsten kommt es zu Nachzahlungen. Durch die Fünftelungsregelung „verfünffacht“ sich dieser Effekt. D.h. auch hier muass man Teile der Abfindung für die spätere Steuererklärung zur Seite legen.
Generell wird es z.B. auch durch ALG I-Bezug in der Regel schon zu Nachzahlungen kommen, weil der Arbeitgeber dieses bei der Ermittlung der Lohnsteuer auch nicht zugrunde legen darf. Einige Arbeitgeber machen dies trotzdem, damit es nicht zu Nachzahlungen und daraus resultierend, zu wütenden Mitarbeitern kommt. Sinnvoll ist das aber m.E. nicht – besser wäre ein klarer Hinweis, dass es (s.o.) selbst beim Steuerereinbehalt mit Steuerklasse 6 zu erheblichen Nachzahlungen kommen kann.
Mit Blick auf die anstehende Steuererklärung ist eine Nachzahlung taktisch immer das erstrebenswertere Ergebnis. Kommt es zu sehr hohen Erstattungen (aufgrund von Fünftelungseffekten können das schon mal 50.000 EUR sein), dann wartet man erfahrungsgemäß viele Monate auf seinen Steuerbescheid. Den Steuerbescheid mit Nachzahlung wird man dagegen ziemlich schnell erhalten.
Fünftelregelung für Abfindungen im Rahmen der Steuererklärung
Das Finanzamt hat heutzutage einen Großteil der Daten elektronisch vorliegen:
- Daten des Arbeitgebers,
- Daten über Lohnersatzleistungen (ALG I),
- Daten der Rentenversicherung,
- Daten der Krankenkasse etc.).
Bei der Erstellung der Steuererklärung können diese Daten elektronisch vom Finanzamts-Server abgerufen und automatisch in die richtigen Formularfelder der Steuererklärung eingetragen werden. Diesen Datenabruf nutzt der Steuerberater. Dieser Datenabruf steht einem aber auch zur Verfügung, wenn man seine Steuererklärung selber erstellt. Man kann dann diese Daten ebenfalls mittels Software (z.B. Wiso-Software, Elster-Software) abrufen. Niemand braucht heute mehr Formulare per Hand ausfüllen. Der zusätzliche Vorteil besteht darin, dass die Daten automatisch in den richtigen Feldern des Erklärungsformulares eingetragen werden, d.h. es entfällt die Frage „wohin damit?“.
Zurück zum Thema: Wenn der Arbeitgeber/Entgeltabrechner seinen Job richt gemacht hat (s.o.), d.h. wenn die Abfindung im richtigen Feld der Lohnsteuerbescheinigung hinterlegt hat, dann landet die Abfindung per Datenabruf auch im richtigen Feld in der (elektronischen) Steuererklärung. Dies ist z.B. in der 2020er Steuererklärung die Zeile 17 gewesen. Mit dem Eintrag bei den dort genannten „ermäßigt besteuerten Entschädigungen“ beantragt man letztlich die Anwendung der Fünftelungsregelung (§34 EStG) im Rahmen der Steuererklärung.
Auch hier darf die Abfindung nicht nochmal zusätzlich in Zeile 6 beim Bruttoarbeitslohn stehen, da sie sonst doppelt versteuert würde.
Die Steuererklärungsprogramme prognostizieren heute alle auch die Steuerberechnung. D.h. sie erstellen den Entwurf eines Steuerbescheides, den man später mit dem echten Steuerbescheid abgleichen kann. So fällt auf, ob das Finanzamt in dem einen oder anderen Punkt abgewichen ist. Ich empfehle das allen, da in den Erläuterungen zum Steuerbescheid die Streichungen oftmals nur knapp oder unverständlich dargelegt werden. Eigentlich müsste bei Abweichungen vorher erörtert werden, in der Praxis hat der Finanzbeamte dafür aber oftmals keine Zeit.
Fünftelungsregelung für Abfindungen im Rahmen des Steuerbescheides
Hat man die Steuererklärung richtig ausgefüllt hat, eigentlich nichts schiefgehen. Es kann aber natürlich trotzdem passieren, dass der Finanzbeamte die Fünftelungsregelung einfach rausstreicht. Das sollte nicht passieren – falls es doch passiert, sollte man umgehend Einspruch einlegen.
Woran erkenne ich nun, ob die Abfindung im Steuerbescheid gefünftelt wurde? Das ist leider in der Tat nicht trivial. Steuerbescheide sehen in jedem Bundesland etwas anders aus. Ich hab nachfolgend als Beispiel einmal NRW genommen – andere Bundesländer werden aber ähnlich aufgebaut sein.
Was gilt es hier zu tun?
- Zunächst sollte man einmal überprüfen, dass die Abfindung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit drin ist, aber nicht doppelt erfasst wurde.
- Als Zweites sollte man überprüfen, ob sich aus dem Steuerbescheid ein Hinweis auf die Fünftelungsregelung (§34 EStG) ergibt.
- Sicherheitshalber sollte man die festgesetzte Einkommensteuer mit dem Ergebnis der Simulation aus dem Steuererklärungsprogramm (Wiso, Elster, etc.) und / oder einem Steuerrechner aus dem Internet abgleichen.
Fazit zum Steuern sparen bei Abfindung
That’s it! Klar, für die anderen Anlagen werden sich u.U. weitere Fragen ergeben. Jeder muss daher selber entscheiden, ob er für die Erstellung der Steuererklärung einen Steuerberater benötigt. Im Zweifel einfach mal mit einer der Softwarelösungen testen, wie weit man kommt.
Die Erstellung der Steuererklärung ist übrigens losgelöst von der steuerlichen Abfindungsberatung. Hier gilt das Hausarztprinzip – d.h. ihr Steuererklärungs-Steuerberater ist sicherlich gut, in dem was er tut. Er kann aber nicht auf alle eventuellen Fragestellungen spezialisiert sein. Dafür gibt es Spezialisten. Aus dem gleichen Grund mache ich umgekehrt keine Steuererklärungen, sondern verweise dann auf einen qualifizierten Berufskollegen.
Übersicht aller Beiträge aus der Reihe „Steuern sparen bei Abfindung“
- Teil 1 – Allgemeine Grundlagen
- Teil 2 – taxmap (mindmap) zu diesem Thema
- Teil 3 – Überblick über die Gestaltungsmöglichkeiten
- Teil 4Teil 1 – Allgemeine Grundlagen
- Teil 2 – taxmap (mindmap) zu diesem Thema
- Teil 3 – Überblick über die Gestaltungsmöglichkeiten
- Teil 4 – Prüfungsschema Fünftelungsregelung
- Teil 5 – Optimierung durch Steuerung des Zuflusszeitpunktes
- TTeil 5 – Optimierung durch Steuerung des Zuflusszeitpunktes
- Teil 6 – Steuern sparen mit Immobilien
- Teil 7 – Steuern sparen mit gewerblichen bzw. selbständigen Einkünften
- Teil 8 – Kirchensteuer oftmals steuerlich vorteilhaft
- Teil 9 – Tarifformel / negative Einkünfte / Progressionseinkünfte
- Teil 10 – Progressionseinkünfte (Arbeitslosengeld) teilweise vorteilhaft
- Teil 11 – Kinderfreibeträge
- Teil 12 – Gehaltsabrechnung, Steuererklärung und Steuerbescheid!
- Teil 13 – Steuerberater: Problem oder Lösung?
- Teil 14 – Arbeit im Ausland