Steuern sparen bei Abfindung – Teil 7 – gewerbliche Einkünfte / selbständige Tätigkeit

Es ist etwas ruhiger geworden, auf diesem Blog. So ist das manchmal, wenn man glaubt fünf Jobs gleichzeitig machen zu können. Gleichwohl möchte ich mich heute wieder meinem Lieblingsthema widmen. Steuern sparen bei Abfindung.

Thema dieses Mal sind gewerbliche / selbständige Einkünfte, z.B. weil der freigestellte Arbeitnehmer nach 30 Jahren in einer Konzernstruktur jetzt endlich mal sein eigener Chef sein will – wer kann ihm dies verdenken.

Ja, wer wohl? Das Finanzamt natürlich, wie ein Blick auf das Thüringer FG Urteil vom 01.12.2009 3 K 965/08 (Urteil leider m.W. nirgendwo kostenlos im Volltext einsehbar, nachfolgend aber der Link zum Folgeurteil) zeigt. Durch die neue Selbständigkeit verdiente der Abfindungsempfänger im Jahr der Abfindung (unter Außerachtlassung der Abfindung) erst einmal weniger, als in einem normalen Jahr als Arbeitnehmer. Das Finanzamt meinte „dann sei ja auch kein Progressionsschaden eingetreten und man müsse nicht mehr Fünfteln“. Sowohl das Finanzgerecht und scheinbar später auch der BFH sahen das aber komplett anders.

Die Gewerblichkeit/Selbständigkeit bleibt daher eine geniale Möglichkeit im Abfindungsjahr richtig steuern zu sparen. Gerade bei (Einzel-)Unternehmen mit großen Wareneinsatz wird das unternehmerische Risiko hier teilweise komplett vom Fiskus übernommen, da die Waren durch die Steuererstattung gegenfinanziert (oder gar überkompensiert) werden. So macht der Weg in die Selbständigkeit Spass.

Grundsätzliches / Fünftelung

Nochmal etwas konkreter: Das Finanzamt ging in dem o.g. Urteil davon aus, dass beim Steuerpflichtigen die gewerblichen Verluste nicht angefallen wären, wenn er weiterhin nichtselbstständig gearbeitet hätte. Die Verluste gem. § 15 EStG würden daher an die Stelle der Einkünfte gem. § 19 EStG treten, so dass sie mit seiner Abfindung zu saldieren seien und daher im Endergebnis keine höheren Einkünfte als im Vorjahr erzielt wurden. D.h. das Finanzamt hat den Progressionsschaden bestritten und wollte dem Steuerpflichtigen wegen der gewerblichen Verluste die Fünftelung streichen.

Diese Überlegung überzeugte das Gericht aber im Ergebnis nicht, denn es wäre ebenso denkbar, dass die Klägerin neben den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Verluste aus sonstigen Einkunftsarten, etwa aus einem ererbten Vermietungsobjekt, Spekulationsgeschäften oder ähnlichem erzielte hätte. Diese stehen in keinem inneren Zusammenhang mit den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit und müssen daher unberücksichtigt bleiben. Ebenso wäre es möglich gewesen, dass die Klägerin neben ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit bei der ehemaligen Arbeitgeberin gewerbliche Verluste erzielt hätte. Aus dem Umstand, dass sie durch Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit versucht, eine neue Einkunftsquelle zu erschließen darf ihr steuerlich kein Nachteil dahingehend erwachsen, dass sie der steuerlichen Vergünstigung auf die Abfindungszahlungen verlustig geht.

Nebenberufliche (gewerbliche) Tätigkeit – dafür fehlt dem ein oder anderen Finanzbeamten schonmal die Antenne. Unter Umständen hatte er schon mit dem Wort „Tätigkeit“ seine Schwierigkeiten und daher musste er sich das dann vom Finanzgericht erst einmal erklären lassen.

Steuern sparen bei Abfindung

Risikolose Unternehmensgründung

Die Eingangsausführungen sollen durch ein einfaches Beispiel verdeutlicht werden.

Beispiel: Der abgefundene Mitarbeiter erhält im Januar 2023 seine Abfindung (260.000 EUR) und seinen Januar-Lohn, sowie eine Tantieme (zusammen 30.000 EUR). Außerdem hat er noch 5.000 EUR Vermietungseinkünfte. Er ist verheiratet, kinderlos – der Ehegatte hat aber keine Einkünfte. Er überlegt sein Hobby (elektrische Skateboards) zum Beruf zu machen und solche elektrischen Skateboards (Einkaufspreis ca. 2.000 EUR) zu verkaufen.

Lösung zum Beispiel: Er kauft sich für den Vertrieb 15 solcher Skateboards. Unterstellt, er hat in 2023 nur den Wareneinkauf für den Start seines Unternehmens und die Einnahmen aus den Verkäufen kommen erst 2024 bei ihm an, dann reduziert er sein zu versteuerndes Einkommen (vor Abfindung) von ca. 32.474 EUR auf ca. 2.474 EUR. Die Gesamtsteuer der Eheleute sinkt von ca. 82.000 EUR auf ca. 39.500 EUR. D.h. durch die Unternehmensgründung und den Wareneinkauf bekommt der abgefundene Mitarbeiter ca. 141% seiner Wareneinkaufskosten vom Fiskus erstattet. Das liegt an der Fünftelungsregelung. D.h. selbst wenn er kein einziges Skateboard verkauft, hat er immer noch ein sattes Plus gemacht. Die Zahlen können im nachfolgenden Screenshot nachvollzogen werden.

Beachten sollte man aber das Risiko der Liebhaberei. Bei sog. Liebhaberei-Betrieben erkennt der Fiskus die Verluste nicht an. D.h. die Unternehmensgründung sollte hier tatsächlich gewollt sein und das Ziel muss sein, in Summe über die Jahre einen Totalüberschuss (Gewinn) zu erwirtschaften.

Bilanzierer vs. Einnahme-Überschuss-Rechner

Um es gleich vorwegzunehmen: Bei bilanzierenden Unternehmern sind die Möglichkeiten ehr begrenzt, da der Sinn und Zweck der ganzen Bilanzierung schließlich ist, den zutreffenden wirtschaftlichen Erfolg eines Wirtschaftsjahres zu ermitteln.

Bei Einnahme-Überschuss-Rechnern ergeben sich ungleich mehr Möglichkeiten. Da dieser in der Regel keine Rückstellungen und keine Forderungen bilanzieren muss.

Die nachfolgend beschriebenen Sachen gelten natürlich nicht nur, falls der Arbeitnehmer sich mit seiner Abfindung selbständig macht, sondern bei Zusammenveranlagung genauso, wenn der Ehegatte bereits selbständig / gewerblich tätig ist.

Betriebseinnahmen hinauszögern

Gerade bei frisch gegründeten Unternehmen bleibt viel Arbeit liegen – der Anfang ist manchmal chaotisch. Man hat ja noch das Cash aus der Abfindung. Das Schreiben von Rechnungen wird da schon einmal vergessen und kommt unter die Räder. Werden die Rechnungen dann erst im auf die Abfindung folgenden Jahr geschrieben / bezahlt, dann können diese Einnahmen auch nicht das zu versteuernde Einkommen im Abfindungsjahr aufblähen. Die Fünftelung kann dann in der Regel besser wirken.

Betriebsausgaben vorziehen

In der umgekehrten Richtung funktioniert das natürlich auch. Ist mir als Unternehmer bekannt, dass ich im Abfindungsfolgejahr hohe Kosten haben werde, dann kann ich diese natürlich schon einmal in das Abfindungsjahr vorziehen. Das funktioniert am besten natürlich, wenn es sich nicht um größeres Anlagevermögen handelt, welches dann wieder auf die Nutzungsdauer abzuschreiben ist.

Investitionsabzugsbetrag

In das Kapital „Betriebsausgaben vorziehen“ fällt auch der Investitionsabzugsbetrag nach §7g EStG. Allerdings ist das sozusagen die gesteigerte Version dieser Gestaltung, denn mit dem Investitionsabzugsbetrag kann man Ausgaben absetzen, bevor sie überhaupt getätigt hat.

Ein Investitionsabzugsbetrag kann gebildet werden für bestimmte begünstigte Investition (abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens – z.B. Fuhrpark – aber Achtung: die Gegenstände müssen später fast ausschließlich – d.h. mindestens 90% – betrieblich genutzt werden). Das Unternehmen darf bestimmte Größenmerkmale nicht übersteigen.

Ist dies alles der Fall, dann können hier bis zu 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungskosten schon im Abfindungsjahr gewinnmindernd abgezogen werden. Es können auch mehrere IAB`s gebildet werden, diese dürfen lediglich in Summe den Betrag von 200.000 EUR nicht übersteigen.

Für ein Beispiel zum Investitionsabzugsbetrag vgl. nachfolgendes Stichwort zur Photovoltaikanlage.

Photovoltaikanlage

Erzielt man mit einer Photovoltaikanlage durch den Verkauf des Stroms langfristig Gewinne, dann hat man damit in der Regel gewerbliche Einkünfte.

Beispiel:
Der Arbeitnehmer A erhält aufgrund einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2020 eine Abfindung i.H.v. 100.000 EUR. Damit möchte A eine Photovoltaikanlage auf dem Dach seines für Vermietungseinkünfte genutzten Einfamilienhauses errichten lassen. Geplante Kosten ca. 30.000 EUR.


Lösung: Um der hohen Steuerprogression zu entgehen, bildet A zum 31.12.2020 einen Investitionsabzugsbetrag i.H.v. 12.000 EUR
[40% von 30.000 EUR]. Den Aufbau der Anlage macht A dann ganz in Ruhe in 2021. Es besteht dann sogar die Möglichkeit in den ersten 5 Jahren eine Sonder-Afa von 20% geltend zu machen.

Aber auch ohne den Investitionsabzugsbetrag ist die Photovoltaikanlage eine überlegenswerte Methode zu Steuerreduktion bei Abfindungen, vorausgesetzt man terminiert es so, dass man eine Ganzjahres-Afa erhält. Plant man also dieses Jahr die Anlage, die man im Dezember in Betrieb nimmt und hat den Zufluss der Abfindung auf den Januar des Folgejahres geschoben, dann kann man im Folgejahr eine Ganzjahres-Afa abziehen und mit der Abfindung verrechnen.

Das Zweites Corona-Steuerhilfegesetz plant zudem die Wiedereinführung der degressiven Afa. Diese soll das 2,5fache der linearen Afa betragen. Bei 20 Jahren Nutzungsdauer für die PV-Anlage wären es regulär „nur“ 5% – bei Einführung der degressiven Afa wären es dann aber sogar 12,5%. Über die Nutzung der Fünftelungsmethode kann sich hier eine erhebliche steuerliche Outperformance ergeben.

Fazit zur Steueroptimierung bei Abfindungen

Mit gewerblichen / selbständigen Einkünften lassen sich bzgl. der Abfindungen/Entschädigungen ebenfalls ordentlich Steuern sparen, wenn man es richtig anstellt. Der obige Beitrag aus dieser Artikelreihe konnte hierfür hoffentlich ein paar Anregungen geben.

Die aufgezeigten Modelle sollten mit anderen Optionen verglichen werden – d.h. man sollte ein paar Steuer-Simulationen durchrechnen. Ein Abfindungsrechner bietet eine gute Ausgangsbasis. Wer sich das nicht zutraut, der geht zu seinem Steuerberater – aufgrund der Grundkomplexität (insbesondere bei o.g. AfA-Modellen) ist das ohnehin zu empfehlen. Wer einen schnellen und günstigen Überblick braucht, welche Maßnahmen die meisten Steuern auf seine Abfindung sparen, der geht am besten direkt zu einem Spezialisten für das Thema „steuerliche Abfindungsberatung“.

Update 05.01.2023 – Solaranlagen

Das Solaranlagen-Thema ist durch Jahressteuergesetz 2022 und dort eingefügten §3 Nr. 72 EStG für die allermeisten Anlagen (u.a. Anlagen bis 30 KW) ab dem Veranlagungszeitraum 2022 nicht mehr möglich. Lediglich über größere Solarinvestments (Beteiligungen o.ä.) können sich hier im Einzelfall noch Möglichkeiten ergeben. Wie mit Altfällen umzugehen ist, das ist derzeit (Januar 2023) noch unklar.

Übersicht aller Beiträge aus der Reihe „Bei Abfindung Steuern sparen“