Rückblick: Lohnsteuer-Literatur im Juni 2020

Ich dachte ja, im Juni wären schon alle in den Sommerferien und es würde in der Fachpresse eh nicht mehr viel geschrieben, aber ich wurde eines Besseren belehrt (s.u.). Die Leser dieses Blogs waren vermutlich genauso beschäftigt, wie die Autoren der nachfolgenden Beiträge – wer also keine Zeit hatte, die Fachzeitschriften durchzuarbeiten, der kann sich nachfolgend einen schnellen Überblick verschaffen und dann selektiv tiefer einsteigen.

Betrieb und Personal

Die Ausgabe 6/2020 hat als sehr relevantes Schwerpunktthema diesmal „Betriebsprüfungen„.

Dazu erhalten wir von Mader einen Beitrag zur Lohnsteuer-Außenprüfung und Lohnsteuer-Nachschau. Vielleicht etwas theoretisch aber mit berechtigtem Hinweis auf die Digitale Lohnschnittstelle.

Nochmal Mader mit der Besprechung eines Urteils vom FG Nürnberg (v. 06.11.2019, 3 K 911/18). In dem Fall wohnte der ArbN 40 KM von der Arbeitsstätte entfernt und brauchte dafür 42 Minuten Fahrtzeit. Die bezogene Zweitwohnung war nicht als doppelte Haushaltsführung anzuerkennen. Nach Auffassung des FG reichte das nicht aus, damit der Ort des eigenen Hausstands und der Ort der ersten Tätigkeitsstätte (steuerlich) auseinanderfallen. 

Altmann gibt einen Überblick zur Betriebsprüfung durch den Rentenversicherungsprüfer. Mit einer Auflistung der häufigsten Beanstandungen, (fehlerhafte Versicherungsfreiheit bei gering- und kurzfristigen, Scheinselbständigkeit, GGF, Zuordnung von Einmalzahlungen, überraschenderweise Reisekosten und Beitragsberechnung in der bAV). Ich hätte hier noch Phantomlohn aufgrund von falschen Nettolohnoptimierungen und Nichtbeachtung von Tarifverträgen vermutet. Etwas zu kurz gekommen m.E. Fragen zur Bestandskraft, zu den Säumniszuschlägen und zur (Vermeidung) der 30-jährigen Verjährung. 

Hierauf geht dann allerdings Freudenberg ein, am Beispiel der Rechtsprechungsänderung bei den Gesellschafter-Geschäftsführern („Kopf und Seele“-Rechtsprechung).

Und insoweit noch einmal Freudenberg zum Thema einstweiliger Rechtschutz in der SV-Prüfung. In weiten Teilen laufen Aussetzungen der Vollziehung und mithin Vermeidung von Säumniszuschlägen ähnlich wie im Steuerrecht – der Beitrag liefert aber die passenden §§ des SGB dazu. 

Zum Schluss dann noch einmal Altmann, der uns über die versicherungsrechtlichen Nachteile von Kurzarbeitergeld aufklärt (wie vermutet: weniger Rentenansprüche, aber immerhin keine Nachteile in KV/PV/AV).

Der Betrieb

In DB 24/2020 lesen wir bei Neumann Ausführungen zum Urlaubsanspruch während der Freistellungsphase in der Altersteilzeit. Spoiler-Alarm: Dem Arbeitnehmer steht in dieser Zeit erwartungsgemäß kein entsprechender Urlaubsanspruch zu. 

In DB 25/2020 beschäftigen sich Methfessel/Weck mit der Frage ob bzw. wann eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht. 

In derselben Ausgabe erfahren wir von Bissels/Falter, ob bzw. wann bei Scheinselbständigkeit Honorare durch den Auftraggeber/Arbeitgeber vom Auftragnehmer/Arbeitnehmer zurückgefordert werden können (LAG Schleswig-Holstein v. 21.1.2020 – Az 1 Sa 115/19). Vielleicht sind es demnächst nicht mehr die Scheinselbständigen, die ein Statusfeststellungsverfahren einleiten, sondern die Arbeitgeber.

In DB 26/2020 kommentiert Krüger das BFH Urteil (vom 12.02.2020 – VI R 42/17) zur Berechnung der Entfernungspauschale bei Hin- und Rückweg an unterschiedlichen Tagen. Im Urteil ging es um einen Flugbegleiter, der an einem Tag zu seiner ersten Tätigkeitsstätte am Flughafen fuhr, dann seinen Dienst im Flugzeug antrat und erst am nächsten Tag vom Flughafen zur Wohnung zurück fuhr. Wenig überraschend – und im Gleichklang zur Rechtsprechung vor 2014 – gewährte der BFH hier jeweils nur die halbe Entfernungspauschale.

NWB

In NWB 23/2020 klärt uns Eilts zum Vereinfachten Stundungsverfahren für Sozialversicherungsbeiträge auf. 

In NWB 24/2020 beschäftigen sich Fahsel und Bergan mit der Frage, was mit der Lohnsteuer im Veranlagungsverfahren passiert, wenn der Arbeitgeber wegen der Corona bedingten Möglichkeiten die Lohnsteuer-Voranmeldung später abzugeben, die Steuer nicht mehr zahlen kann (obwohl sie einbehalten wurde). Wenig überraschend: Wenn einbehalten, dann Anrechnung in der ESt-Erklärung.

Im selben Heft dann Beyer zu strafrechtlichen Konsequenzen, wenn in der Corona-Krise leichtfertig Kurzarbeit beantragt wird. Er verweist auf 2008, wo nach der Krise Prüfgruppen bei den Ermittlungsbehörden gebildet wurden. 

In NWB 25/2020 erklärt uns Seifert die Neuregelung zu den Aufstockungsbeiträgen zum Kurzarbeitergeld. Über den neuen §3 Nr. 28a EStG wurde hier ein Gleichklang zur Sozialversicherung hergestellt. Warum braucht die Politik dafür Corona als Anstoß?

Im selben Heft nochmal Eilts zur Digitalisierung in der Entgeltabrechnung und den diesbezüglichen Möglichkeiten durch das 7te SGB IV Änderungsgesetz. U.a. können Rentenversicherungsfreistellungen für Mitglieder von Versorgungswerkes künftig online beantragt werden. Teilzahlungen bei Rentenausgleichszahlungen (§187a SGB VI) können künftig in mehr als zwei Raten geleistet werden. 

In NWB 26/2020 dann meine absolute Leseempfehlung für diesen Monat: Ludwig/Neu/Ribeaucourt/Zimmermann zum Betriebsausgabenabzug bei Geschenken, Aufmerksamkeiten, Streuwerbeartikeln und Verlosungen. Ja es braucht offenbar vier schlaue Köpfe, um diese Themen darzustellen. Lohnsteuerlich relevant ist das vor allem, aufgrund der Wechselwirkung zum §37b EStG. Besonders spannend war die Ausführungen zur Abgrenzung, wann eine Zuwendung im Zusammenhang mit einem Neugeschäft als Geschenk zu qualifizieren ist und wann es zur geschuldeten Hauptleistung gehört. Zu dem Thema hat es wohl letztes Jahr eine Verfügung der OFD Frankfurt/M v. 27.02.2019 gegeben, die natürlich nicht so detailliert ist, wie der Beitrag. Die Geschenke-Definition sollte auch bei Arbeitnehmersachverhalten immer im Hinterkopf behalten werden, da die Außenprüfer den Begriff leider inflationär verwenden.

LGDD

In LGDD 4/2020 beschreibt Stier alle Formen der bAV und erläutert ihre Behandlung in Lohnsteuer und Sozialversicherung. Dazu gibts bekanntermaßen auch meine Taxmap.

Bei Seel geht es dann um die Haftung des Arbeitgebers – insbes. Haftung gegenüber dem Arbeitnehmer. Nur angerissen wird die Haftung gegenüber Dritten. Sehr schade: Leider fehlt die Haftung iRv. Lohnsteueraußenprfüngen komplett. Vielleicht gibts ja einen Teil 2.

DStR

In DStR 23/2020 wirft Richter einen Blick ins Sozialversicherungsrecht. U.a. geht es um Vertrauensschutz nach Sozialversicherungs-Prüfung, die Bemessungsgrundlage beim Elterngeld und um den Vorrang des Clearingstellenverfahrens gegenüber der Statusfeststellung. 
 
In DStR 25/2020 klärt uns Reiserer über neue Rechtsprechung bei Scheinselbständigkeit auf – u.a. mit Ausführungen zur strafrechtlichen Komponente (§266a StGB). Hier gibt es wohl eine gewisse Entschärfung des Vorsatzbegriffes und Verbesserungen bei der Verjährung. Bislang konnte praktisch keine Verjährung eintreten (konnte also nur besser werden). Wie oben bei Bissel/Falter in Der Betrieb erhalten wir auch hier Ausführungen zur Rückforderung von Honoraransprüchen, wenn der Scheinselbständige Jahre später über eine Statusfeststellung die Anstellung herbeiführt. 

In DStR 26/2020 fasst Korn das zweite Corona-Steuerhilfegesetz zusammen. Lohnsteuerlich interessant dort ist die steuerliche Begünstigung für reine E-Fahrzeuge, die ja nur 1/4tel des Bruttolistenpreises bei der Dienstwagenversteuerung bewirken. Das gilt jetzt für Fahrzeuge bis 60.000 EUR (vorher 40.000 EUR).