Management von Außenprüfungen mit Mindmaps

Leser des Blogs werden die Mindmaps (taxmaps) kennen, mit denen ich für einzelne Themen die Rechtslage (Urteile, Verwaltungsanweisungen etc.) gebündelt zusammenstelle.

Außerdem hatte ich in 2019 darüber geschrieben, wie mir Mindmaps bei der Literaturrecherche helfen und wie ich mir damit bei komplexen Steuerproblemen Klarheit verschaffe (recherche-mit-mindmaps-am-beispiel-arbeitslohn).

Mindmaps können in der Praxis aber meines Erachtens auch bei laufenden Außenprüfungen sehr gut genutzt werden, damit man nicht den Überblick verliert. Wie sowas konkret aussehen könnte, soll hier anhand eines Praxisbeispiels verdeutlicht werden.

Hintergrund

Ja ich weiß, es gibt Tools für das BP-Management. Der Taxpunk hat eine Übersicht. Persönlich bin ich aber irgendwann genervt, wenn ich mich in das zwanzigste Tool einarbeiten muss. Oh….single-sign-on – immerhin – aber das macht es nicht einfacher. Die Tools sind teilweise vor ewigen Zeiten für einen bestimmten Mandanten und für dessen konkreten Anwendungsfall programmiert worden. Dann hat man daraus ein Produkt gemacht, was man seitdem am Markt verkauft.

Oft sehen diese Tools auch aus, wie Software aus den 1990ern. Vielen dieser Tools fehlt die Zugänglichkeit. Ich will garnicht davon anfangen, was solche Lösungen kosten. Sie müssen außerdem administriert werden und binden damit Personal. Außerdem funktionieren sie nur, wenn sich alle haarklein an die Prozesse halten. Der Prüfer stellt seine Anfrage dort ein – dann läufts. Wirft er ein Thema beiläufig im Gespräch auf, dann läuft es schon nicht mehr.

Vermutlich gibt es auch Lösungen, die in der Praxis ganz brauchbar sind. Aber soll man sich da jetzt durchtesten? Hier soll es daher darum gehen, wie man das gleiche Ergebnis – oder sogar ein besseres Ergebnis „mit Bordmitteln“ erreicht. Ohne Mehrkosten! Und ohne Umgewöhnen / Einarbeitung von Mitarbeitern. Hier also die Hilfe zur Selbsthilfe.

Ausgangssituation / das Problem!

Letztlich ist es egal, ob in der Steuerabteilung eines Unternehmens (einer / mehrere) Prüfer am Werk sind, oder ob beim Steuerberater gerade bei einem oder bei mehreren Mandanten Prüfungen laufen. Es wird immer eine große Anzahl von Prüfungsanfragen geben. Diese Anfragen kann der Bearbeiter in der Regel nicht selbst beantworten, sondern muss dazu weitere Auskünfte bei Kollegen, in anderen Fachabteilungen oder beim Mandanten einholen. Das wird dann schnell unübersichtlich.

  • Wer hat schon geantwortet / wer noch nicht?
  • Wo laufen Fristen ab?
  • Zu einzelnen Anfragen hat man vielleicht die Rechtslage recherchiert – wie verknüpft man dieses Ergebnis mit der Anfrage, um es später auch wiederzufinden oder in der Schlussbesprechung parat zu haben?
  • Welche Jahre werden eigentlich nochmal geprüft?
  • Welche Steuerbelastungen sind stand heute zu erwarten?
  • Welche Rückstellung muss ich bilden?
  • Auf welche Feststellungen hat man sich schon geeinigt – welche werden noch diskutiert – welche hat man bereits abgelehnt und muss später Einspruch einlegen?

Natürlich ruft auch gerne Freitag Nachmittag kurz vor Schluss der Mandant / der Chef an und will spontan einen Überblick. Schön, wenn die Unterlagen dann in verschiedenen Tools oder verschiedenen Aktenordnern hinterlegt sind. Entspanntes Übergleiten ins Wochenende ist gerade abgesagt worden.

Mindmanagement als Lösung

„one map to rule them all“

Im Mindmanager geht der Überblick nicht verloren – ich habe alles, was ich brauche, direkt im Blickfeld. Ich lege mir also eine Mindmap an. Im fiktiven Screenshot-Beispiel hat der Steuerberater eine Prüfung bei seinem Mandanten „Apple“ und eine Prüfung bei seinem Mandanten „Amazon“. Letztlich ist es egal, ob das Mandanten sind, oder Gesellschaften eines Prüfungsverbundes oder ob nach aktuell laufenden Prüfungen in der Kanzlei strukturiert wird. Eine Sozialversicherungsprüfung wird ggf. nicht zwingend nach Gesellschaften strukturiert sein – bei Steuerprüfungen wird sich das aber sicherlich anbieten. Auch Zwischenstrukturen sind denkbar (Mandant->Prüfungsart, z.B. LoSt-AP und/oder USt-AP->Gesellschaft). Whatever works. Ich bin hier – anders als in den Tool-Lösungen flexibel und kann schauen, welche Struktur in welchem Fall am meisten Sinn ergibt.

Die besseren Mindmap-Programme sind heute alle kooperativ nutzbar. D.h. die Map liegt auf einem Cloud-Laufwerk, auf dem Sharepoint o.ä. und alle Mitarbeiter, welche die Infos benötigen, können auf die Map zugreifen oder Informationen ergänzen.

Übergabe, wenn man in den Urlaub möchte? Kein Problem mehr. Die Map ist in der Regel selbsterklärend und die Urlaubsvertretung ist direkt im Thema.

Stammdaten

Es ergibt natürlich Sinn, in der Map alle grundsätzlichen Unterlagen zu sammeln oder mit dem (Kanzlei-)Dokumentenmanagementsystemen zu verknüpfen. Die Mindmapping-Programme sind da sehr flexibel.

  • Ich kann eine Datei direkt in der Map ablegen oder eine Verknüpfung zu ihr anlegen.
  • Ich kann einen Link (z.B. aufs DMS oder in die Cloud) in der Map hinterlegen.
  • Ich kann in den Zweignotizen beliebigen Text reinschreiben oder reinkopieren.

Was Sinn ergibt, hängt von der Systemumgebung ab. Wichtig ist nur, dass ich alles gebündelt im sofortigen Zugriff habe. Kein langes Suchen:

  • Die Mailadressen und Telefonnummern der Prüfungs-Ansprechpartner,
  • die Prüfungsanordnung,
  • die Steuernummern,
  • die Prüfungszeiträume,
  • vorab übergebene Unterlagen,

alles ist nur einen Klick entfernt.

Anfragen

Für alle Anfragen der Prüfer wird ein Zweig angelegt. Egal ob diese Anfragen per Mail, per Telefon, aus dem Auftaktgespräch oder (vor der Pandemie gab es sowas) aus dem persönlichen Gespräch vor Ort resultieren.

Den Zweig kann ich mit Informationen und Symbolen versehen:

  • Es gibt Symbole dafür, dass die Anfrage komplett erledigt ist, oder dass sie zu 25%/50%/75% erledigt ist.
  • Ich kann das Datum der Anfrage und die Frist der Anfrage hinterlegen.
  • Ich kann auch hinterlegen, ob ich mich der Feststellung des Prüfers anschließe (Daumen hoch) oder ob ich diese ablehne (Daumen runter).

Natürlich kann ich die Map auch nach diesen Informationen filtern und mir so beispielsweise nur alle offenen Anfragen anzeigen lassen.

Status / Koordination / Outlook

Kommt eine Anfrage vom Prüfer per Mail rein, dann ziehe ich diese Mail in die Map. Ich hab also den Wortlaut der Anfrage immer im Blick. Leite ich die Anfrage weiter, um die notwendigen Informationen zu erhalten, dann ziehe ich auch diese Ausgangsmail in die Map – hier im Beispiel direkt unter den Zweig mit der Prüferanfrage. Kommt die Antwort (zum Beispiel der konsultierten Fachabteilung), dann ziehe ich auch diese Mail in die Map unter meine Weiterleitungs-Mail. Ich glaube, das Prinzip wird klar.

Die hier verwendete Mindmanager-Software legt nicht die Mail in der Map ab, sondern sie legt eine Verknüpfung mit Outlook an. Klicke ich in der Map darauf, dann springt die Mail in Outlook auf. Liegen die Mails in einem zentralen Team-Postkorb und werden von dort in die Map gezogen, dann funktionieren diese Verknüpfungen für das ganze Team . Egal, wer gerade an der Map arbeitet – jeder mit der Berechtigung für den Outlook-Postkorb kann diesen Link nutzen.

Statt Mails kann ich natürlich auch einen Zweig anlegen und dort in den Zweignotizen einen Gesprächsvermerk anlegen: „Anruf am … bei Hr. … durch Fr. … mit der Bitte, die folgenden Unterlagen für die laufende Außenprüfung möglichst asap beizubringen …“.

Ich sehe also auf einen Blick, ob geliefert wurde oder ob nochmal erinnert werden muss. Durch die Mailverknüpfung ist es auch egal, ob die Ansprechpartner von innerhalb oder von außerhalb der Abteilung/Kanzlei kommen. In einer Tool-Lösung müsste ich den Personen für die Zusammenarbeit immer Berechtigungen geben.

Recherche-Ergebnisse, TCMS und weitere Vorteile

Bin ich mit den Aussagen des Prüfers nicht einverstanden, dann suche ich mir Argumente in Literatur, BMF-Schreiben und Urteilen. Die Ergebnisse dieser Recherche kann ich im Mindmanager direkt hinterlegen. So hab ich sie in der Schlussbesprechung oder in der Diskussion mit dem Prüfer griffbereit.

Meiner Meinung nach empfiehlt es sich hier, eine PDF in der Map zu hinterlegen und nicht nur eine Verknüpfung anzulegen. Das hat den Vorteil, dass ich in der PDF markieren und kommentieren kann. Drücke ich dann auf „speichern“, dann bleiben die Kommentare zu meinem Fall und meine Markierungen in der Map (in der PDF).

Ich kann in der Map Unterzweige immer einklappen. Dann sind diese ausgeblendet und ich behalte noch leichter die Übersicht. Bei abgeschlossenen Anfragen wird man also die Unterzweige regelmäßig einklappen, um sich auf die offenen Anfragen zu fokussieren. Außerdem kann ich natürlich mit unterschiedlichen Farben arbeiten, um Anfragen zu strukturieren.

Ich kann die Daten oder die ganze Map natürlich auch exportieren und so nach der Prüfung dem Mandanten zur Verfügung stellen oder sie im DMS wegarchivieren.

Bei Anfragen, die zu Prüfungsfeststellungen führen, muss ich nach der BP etwas tun, damit es nicht in der nächsten Außenprüfung zu Wiederholungsfeststellungen kommt. Andernfalls ist der bedingte Vorsatz nicht weit weg und der Folgeprüfer schaltet unter Umständen die Straf- und Bußgeldstelle ein. Dann wird es ungemütlich. Im Rahmen meines Tax Compliance Management Systems kann ich bei solchen Anfragen natürlich auch direkt in der Map dokumentieren, welche Maßnahmen ergriffen wurden. Jede Anfrage mit Feststellung braucht dann auch einen TCMS-Zweig.

Mehrergebnisse / Mehrsteuern sichtbar machen

Die hier verwendete Mindmanager-Software kann auch rechnen. Ich kann also in jedem Anfrage-Zweig auch direkt die erwartbaren Mehrergebnisse hinterlegen. Idealerweise strukturiert man dies nach Steuerart und Zeitraum. Die Software addiert die Werte aus allen Unterzweigen in den Oberzweigen auf.

  • Schaue ich auf den Anfrage-Zweig, dann sehe ich das Mehrergebnis für die Anfrage.
  • Schaue ich auf den Gesellschaftszweig, sehe ich das Mehrergebnis für die Gesellschaft (also die Summe der Anfragen).
  • Schaue ich auf den Hauptknoten, sehe ich die Summe aller Mehrergebnisse der Gesellschaften.

Die Funktion mit den automatischen Berechnungen ist in der von mir verwendeten Software nicht ganz so zugänglich. Da muss man sich schon einmal eine halbe Stunde mit auseinandergesetzt haben. Der Anbieter hat hierzu aber auch ein Schulungsvideo erstellt.

Software

Ja, auch die Mindmanager-Software braucht eine gewisse Einarbeitung. Die entfällt aber, wenn sie ohnehin im Unternehmenseinsatz ist. Beispielsweise für die Literatur-Recherche, für das Kanzleimanagement, für die Erstellung von Handbüchern, für die Erstellung von Prozess- und Ablaufdiagrammen, von TCMS-Systemen und so weiter.

Ich nutze sehr gerne die Mindjet Mindmanager Software. Ich habe aber auch sehr gute Erfahrung mit Mindmeister oder Xmind gemacht. Ich denke, das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks und ggf. der Anforderung an die MS-Office Integration.

Und ja – das Ganze ließe sich natürlich auch mit OneNote darstellen. Das flankiert aber wiederum nur meine Ursprungsaussage, dass man keine teuren Tools braucht, wenn man auch mit Standardsoftware weit kommt. Natürlich lässt es sich auch kombinieren und z.B. OneNote Seiten-Links lassen sich im Mindmanager-Zweig verlinken. Und über die Sharepoint-Verknüpfung und MS Power Automate lassen sich natürlich noch viel wildere Sachen machen (Anfrage-Zweige in der Mindmap mit Sharepoint-Listen synchronisieren und bei jeder Neuanlage einer Anfrage geht eine automatische Mail an den Chef raus / oder wer es braucht: bei jeder Anfrage-Erledigung wechselt die Büro-Beleuchtung in den Partymodus). Man sollte sich vorab ein paar Gedanken machen, was man möchte.