Urlaubsabgeltung für verstorbene Arbeitnehmer: Auseinanderfallen von Lohnsteuer und Sozialversicherung (wiedermal)

Zahlt der Arbeitgeber den Arbeitslohn an einen Erben oder einen Hinterbliebenen aus, ist der Lohnsteuerabzug vorbehaltlich nur nach dessen Besteuerungsmerkmalen durchzuführen, vgl. R 19.9 LStR. Zwar kann im Sterbemonat der laufende Arbeitslohn noch nach den Besteuerungsmerkmalen des Verstorbenen abgerechnet werden, zufließen tut der Lohn aber dem Hinterbliebenen und folglich ist für den Hinterbliebenen ein Lohnkonto anzulegen und ihm ist dann auch der Arbeitslohn zu bescheinigen. Natürlich ist Lohnsteuer einzubehalten.

Soweit, so gut und allgemein bekannt.

Werfen wir jetzt einen Blick in die aktuelle Ausgabe 1/2020 der summa summarum – dem Infomagazin der Deutschen Rentenversicherung.

Dort erhalten wir den dezenten Hinweis, dass sich bzgl. der Urlaubsabgeltung die arbeitsrechtliche Rechtsprechung geändert hat und man sich dem in der Sozialversicherung anschließt. Vorher war die Urlaubsabgeltung des Verstorbenen kein Arbeitsentgelt – wofür auch, schließlich kann der auch keine Leistungen mehr erhalten.

Nun nimmt man Bezug auf die BAG Rechtsprechung vom 22.01.2019 – 9 AZR 45/1 : Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht zwar der Freistellungsanspruch unter, die Vergütungskomponente des Urlaubsanspruchs bleibt jedoch als Abgeltungsanspruch bestehen. Der Vergütungsanspruch ist demnach noch während des Arbeitsverhältnisses bei dem Arbeitnehmer entstanden.

Entstehungsprinzip also….mithin überrascht es nicht, dass man meint, dass damit der während der Beschäftigung erworbene Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers erfüllt wird und dieser somit zum sozialversicherungsrechtlich relevanten Arbeitsentgelt zählt. Die Urlaubsabgeltungen stellen dabei einmalig gezahltes Arbeitsentgelt dar, das nach den dafür in §23a SGB IV vorgesehenen Regelungen der Beitragspflicht unterliegt, sofern die Abgeltung im Einzelfall tatsächlich gezahlt wird (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

Man drückt sich im Beitrag darum zu sagen, für wen die Sozialversicherung abzuführen ist. Ausweislich des Entstehungsprinzips müsste das ja der Verstorbene sein. Das hieße dann, man

  • rechnet den Bezug lohnsteuerlich beim Hinterbliebenen ab und
  • und ermittelt die Sozialversicherung beim Verstorbenen

Der Verstorbene bekommt aber keinen Lohn mehr – folglich kann man da auch keinen Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung mehr einbehalten. In dessen Abrechnung entsteht folglich eine Forderung, die man dem Hinterbliebenen in Abzug bringen müsste.

Vermutlich wurde das nicht problematisiert, weil es der Sozialversicherung egal ist wo Beiträge einbehalten werden, solange sie nur einbehalten werden. Der pfiffige Abrechner weiß sich also zu helfen – oder er lässt den Vorgang sowieso erstmal liegen, bis Erbschein etc. vorliegen und mit etwas Glück ist nach drei Monaten sowieso Beitragslastverschiebung (§28g SGB IV) eingetreten. Wenigstens muss er dann auf den so übernommenen Arbeitnehmeranteil dann nicht nochmal die Lohnsteuer hochrechnen.